Stimmarbeit als Weg zur Achtsamkeit
Sie steht vor mir. Langsam, fast andächtig formt sie erst das I, dann über E zu A, O und U mit geschlossenen Augen. Der Raum räsoniert. Ihre Stimme verliert weder an Sitz noch an Qualität in dieser kleinen Übung. - Meine Schülerin ist jetzt seit sechs Monaten bei mir. Anfangs wollte sie nichts sehnlicher, als schnell zu DSDS. Vier Wochen später war sie mittendrin – im funktionalen Stimmtraining. Und sie liebt es! Man konnte es sehen und hören, denn sie machte riesige Fortschritte. Was vorher noch wie Zufallstreffer klang, bekam nun eine Basis.
Die Basis des bewussten Tuns.
Und sie tat viel. Sie experimentierte, spielte, übte – und hörte genau hin. Jede Stunde ein paar neue Schritte. Jede Stunde kleine Offenbarungen. Für sie als Aha-Effekt, für mich als freudige Geschenke.
Wir sprechen oft miteinander. Über das, was ihr Leben ausmacht: ihre Herausforderungen, ihre Erfolge, ihre körperlichen Themen, ihre Emotionalität. Über Trennung, neuen Freund, Ärger mit den Eltern, die Suche nach Identität – ja, und auch über die Verzweiflung und Traurigkeit, die sie manchmal spürt.
Und dann löst sich so vieles – im Klang.
In dem Klang, den sie selbst erzeugt.
In der Resonanz im Raum.
Ihre Stimme wird zum Tool, sich freizuschwingen, zu sich zu finden, die Eigenresonanz zu stärken. Ich leite sie behutsam an – und genieße ihr Wachsen in der Achtsamkeit.
Sie sagt: „Das Singen macht mich zu einem besseren Menschen.“
Und sie meint: „Ich bin wach und sehe – mich und die anderen.- Ganz bewusst.“
Was will man mehr?
© 2025 Tatjana Schuba